Anordnungsrecht des Bestellers und Vergütungsanpassung nach dem neuen Bauvertragsrecht

Author: Dr. Alexander Schaumann

Bei Bauvorhaben ändern sich erfahrungsgemäß laufend die Umstände, welche bei Vertragsschluss vorlagen – etwa auf Grund unvorhergesehener technischer Schwierigkeiten, geänderter technischer oder rechtlicher Vorgaben oder Sonderwünschen des Bestellers.

1. Anordnungsrecht des Bestellers

Bei Bauvorhaben ändern sich erfahrungsgemäß laufend die Umstände, welche bei Vertragsschluss vorlagen – etwa auf Grund unvorhergesehener technischer Schwierigkeiten, geänderter technischer oder rechtlicher Vorgaben oder Sonderwünschen des Bestellers. Diesen geänderten Umständen müssen die Vertragspartner sodann durch eine entsprechende Vertragsänderung Rechnung tragen. Eine einvernehmliche Vertragsänderung oder eine gesetzliche Anpassung nach § 313 BGB sind in der Praxis häufig nicht (zügig) zu erreichen, da die Vertragspartner in der Regel über die Gründe und Folgen der Änderung streiten.
Das neue Bauvertragsrecht des BGB (in Kraft getreten am 01.01.2018) enthält daher eine Abkehr von dem bislang im BGB-Bauvertrag geltenden Konsensualprinzip. Der Verfahrensablauf bis zur einseitigen Anordnung des Bestellers gestaltet sich danach wie folgt:

a) Änderungsbegehren des Bestellers

Das Änderungsbegehren des Bestellers kann entweder auf eine Änderung des vereinbarten Werkerfolges gerichtet sein (§ 650b Abs. 1 Nr. 1 BGB) oder auf eine Änderung, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolges notwendig ist (§ 650b Abs. 1 Nr. 2 BGB). Der Besteller kann grundsätzlich nach Belieben den durch Auslegung zu bestimmenden vereinbarten Werkerfolg ändern, ohne dass dies technisch notwendig ist (Variante 1; „gewillkürte Änderung“). Der Unternehmer ist jedoch nur zur Umsetzung verpflichtet, soweit ihm die Änderung zumutbar ist (§ 650b Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Zumutbarkeit einer solchen Leistungsänderung ist dabei durch Abwägung der Interessen beider Parteien zu entscheiden. Bei der zweiten Variante muss eine Änderung erfolgen, damit der Erfolg des Bauvertrages (Stichwort: funktionaler Leistungsbegriff) wie ursprünglich vereinbart erbracht werden kann („notwendige Änderung“).

b) Planung der Änderung

Sofern der Besteller für die Planung verantwortlich ist, muss er die Planung ändern und diese dem Unternehmer zur Verfügung stellen (Grundsatz: wer einmal plant, plant immer; § 650b Abs. 1 Satz 4 BGB).

c) Angebot des Unternehmers

Der Unternehmer hat sodann ein Nachtragsangebot zu unterbreiten, das insbesondere die Mehr- oder Mindervergütung beinhaltet (§ 650b Abs. 1 Satz 2 BGB).

d) Einigungsphase

Der Besteller und Unternehmer müssen nunmehr zunächst versuchen, sich innerhalb einer 30 Tage Frist über die Änderung und deren Vergütung zu einigen (vgl. § 650b Abs. 2 BGB).

e) Anordnung

Erst, wenn eine Einigung innerhalb der 30 Tage Frist nicht erzielt werden kann, steht dem Besteller nach § 650b Abs. 2 BGB ein Anordnungsrecht zu (dem der Unternehmer bei einer Änderung des Werkerfolges nur nachzukommen hat, wenn ihm dies zumutbar ist). Die Anordnung hat in Textform zu ergehen.

2. Vergütungsanpassung bei Anordnungen

Die wirksame Anordnung führt zu einer Vertragsänderung und Umgestaltung, die Herstellung des geänderten Werks ist nunmehr Vertragspflicht. § 650c BGB regelt die Vergütungsanpassung für geänderte Leistungen und sieht zwei unterschiedliche Ansätze vor, um die Mehr- oder Mindervergütung des Unternehmers zu ermitteln:

a) Preisanpassung nach den tatsächlichen Kosten (§ 650c Abs.1 BGB)

Maßgeblich für die Differenzberechnung sind die (hypothetischen) Kosten (mit angemessenen Zuschlägen für allgemeine Geschäftskosten, Wagnis und Gewinn), die für die Ausführung des ursprünglichen Vertrags angefallen wären und die tatsächlich angefallenen Kosten (mit entsprechenden Zuschlägen) nach Anpassung. Der ursprünglich kalkulierte Gewinn oder Verlust wird dabei nicht fortgeschrieben, er wird mithin nicht nach dem Vertragspreisniveaufaktor berechnet.

b) Rückgriff auf vereinbarungsgemäß hinterlegte Urkalkulation (§ 650c Abs.2 BGB)

Statt die Differenz zwischen den hypothetisch und tatsächlich angefallenen Kosten zu berechnen, kann der Unternehmer seine Vergütung alternativ anhand seiner vereinbarungsgemäß hinterlegten Urkalkulation ermitteln. Der Besteller hat dann die Möglichkeit darzulegen, dass die durch die Leistungsänderung veranlasste Kostensteigerung tatsächlich geringer bzw. eine Kostenminderung tatsächlich größer ist.

3. Ausblick

Es ist fraglich, ob der Gesetzgeber durch die Regelungen zur Anordnung und Vergütungsanpassung sein Ziel, einen Baustillstand wegen eines Streits über die zusätzliche Vergütung möglichst zu vermeiden, erreicht. In der Praxis dürfte die vorgesehene 30 Tage Frist für die Einigung vielmehr zwangsläufig zu einem Baustillstand führen – zumal der Gesetzgeber etwa nicht vorgesehen hat, dass der Besteller die Leistungsänderung bereits anordnen kann, wenn eine Verhandlung endgültig gescheitert ist. Dem Unternehmer wird daher zumindest ein Instrumentarium an die Hand gegeben, um Anordnungen des Bestellers vorläufig zu blockieren.

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