Die Abnahme nach dem neuen Bauvertragsrecht

Der Gesetzgeber hat die Rechtsfolgen der Abnahme eines Bauwerks in dem neuen Bauvertragsrecht grundsätzlich nicht verändert – diese hat mithin (wie bisher) folgende Auswirkungen:

Author: Dr. Alexander Schaumann

Der Gesetzgeber hat die Rechtsfolgen der Abnahme eines Bauwerks in dem neuen Bauvertragsrecht grundsätzlich nicht verändert – diese hat mithin (wie bisher) folgende Auswirkungen:

  • der Unternehmer hat einen Anspruch auf Abnahme seines Werkes, wenn es im Wesentlichen mängelfrei ist;
  • mit der Abnahme des Bauwerkes ist das Erfüllungsstadium des Vertrages beendet;
  • mit der Abnahme wird der Werklohn fällig (§ 641 Abs. 1 BGB):
  • mit der Abnahme ist der Übergang der Gefahr für das Bauwerk verbunden (§ 644 Abs. 1 S. 1 BGB);
  • die Beweislast für die Mängelfreiheit bzw. für die Mängel kehrt sich um (§§ 363, 632a Abs. 1 S. 3 BGB);
  • mit der Abnahme beginnt die Verjährungsfrist von Mängelansprüchen zu laufen (§ 634a Abs. 2 BGB).

Mit der Neufassung in § 640 Abs. 2 BGB wollte der Gesetzgeber die sogenannte fiktive Abnahme effektiver gestalten. Eine solche Abnahmefiktion trat bisher dann ein, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer vom Unternehmer bestimmten Frist abgenommen hatte, obwohl er dazu verpflichtet war. Falls eine wesentlicher Mangel des Bauwerks vorlag, hat es nach altem Recht also ausgereicht, wenn der Besteller geschwiegen hat, eine Abnahmefiktion konnte dann nicht eintreten. Auch in dem neuen Bauvertragsrecht ist grundsätzlich eine Fiktion der Abnahme nach Ablauf einer vom Unternehmer gesetzten angemessenen Frist vorgesehen. Sie greift nur dann ein, wenn der Besteller die Abnahme nicht unter Angabe von mindestens einem Mangel verweigert (nach der Symptomtheorie ist dabei die Angabe einer Mängelerscheinung ausreichend). Unterlässt der Besteller dies, tritt die Abnahmefiktion dagegen zwangsläufig ein und es steht – anders als nach dem alten Recht – frühzeitig fest, wann die Abnahmewirkungen eingetreten sind (§ 640 Abs. 2 S. 1 BGB). Anders formuliert: Ein bloßes Schweigen des Bestellers reicht nun nicht mehr aus. Der Unternehmer kann vielmehr auch dann zu einer fiktiven Abnahme gelangen, wenn er trotz wesentlicher Mängel eine Abnahme verlangt und der Besteller sich in der gesetzten Frist nicht rührt. Handelt es sich bei dem Besteller allerdings um einen Verbraucher, muss ihn der Unternehmer über diese Möglichkeit der fiktiven Abnahme unabdingbar schriftlich informieren (§ 640 Abs. 2 S. 2 BGB). Hintergrund der Regelung ist, dass von einem Verbraucher nicht erwartet werden kann, dass er die Rechtsfolgen seines Schweigens auf ein Abnahmeverlangen des Unternehmers und einer fiktiven Abnahme kennt.
Es ist allerdings auch fraglich, ob die neue Regelung in der Praxis für den Unternehmer tatsächlich eine Erleichterung mit sich bringt, da der Besteller nunmehr auch berechtigt ist, die Abnahme wegen unwesentlicher Mängel zu verweigern (nach der Gesetzesbegründung darf er sich insoweit lediglich nicht rechtsmissbräuchlich verhalten). Dies dürfte in der Praxis dazu führen, dass der Besteller zukünftig reflexartig die Abnahme selbst wegen evident unerheblicher Mängel verweigert und vorsorglich auch nur vermutete Mängel rügen wird, um die Abnahmefiktion zu vermeiden.

Verweigert der Besteller die Abnahme unter Angabe von Mängeln, hat er nach neuem Recht auf Verlangen des Unternehmers allerdings an einer gemeinsamen Feststellung des Zustands des Bauwerks mitzuwirken (§ 650g Abs. 1 BGB). Der Unternehmer kann die Zustandsfeststellung dann einseitig vornehmen, wenn der Besteller an einem vereinbarten oder einem vom Unternehmer unter Wahrung einer angemessenen Frist bestimmten Termin nicht teilnimmt – es sei denn, der Besteller ist infolge eines Umstands ferngeblieben, den er nicht zu vertreten hat und den er dem Unternehmer unverzüglich mitgeteilt hat (§ 650g Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 BGB). Rechtsfolge: Ist dem Besteller das Werk verschafft und in der Zustandsfeststellung kein offenkundiger Mangel angegeben, wird vermutet, dass der Mangel nach der Zustandsfeststellung entstanden und vom Besteller zu vertreten ist – außer der Mangel kann nach seiner Art nicht vom Besteller verursacht worden sein (§ 650g Abs. 3 BGB).

Im Ergebnis dürfte die Abnahmefiktion in der Praxis zukünftig – entgegen der eigentlichen Intention des Gesetzgebers – kaum mehr eine Rolle spielen, weil der Besteller zur Vermeidung der Abnahmefiktion regelmäßig einen (wenn auch unwesentlichen) Mangel rügen wird. Letztlich werden sich die Vertragspartner daher weiterhin darüber streiten, ob ein wesentlicher Mangel vorliegt, der den Besteller berechtigt hat, die Abnahme zu verweigern.